Über die geneigte Kopfhaltung

Was steckt hinter der niedlichen Geste?

Wir Hundehalter kennen dieses Phänomen, dass unser Hund uns neugierig anguckt und dabei den Kopf zur Seite neigt. Er wirkt dabei äußerst intelligent und sehr aufmerksam. Die meisten von uns finden dieses Verhalten bestimmt überaus niedlich.

Warum neigen Hunde den Kopf tatsächlich zur Seite? Womit könnte dieses Verhalten in Verbindung stehen?

Die meisten Tiere – Menschen mit eingeschlossen – zeigen Asymmetrien in der Art und Weise, wie sie sich bewegen oder die Umwelt durch ihre Sinnesorgane wahrnehmen. Z. B. kann bei der Verarbeitung akustischer oder optischer Reize (Töne/Bilder) das eine oder das andere Ohr/Auge bevorzugt werden.

Bei Hunden manifestieren sich diese Asymmetrien in Verhaltensweisen wie Schwanzwedeln, der Verwendung von Nasenlöchern beim Schnüffeln oder sogar der Bevorzugung einer der Pfoten, wenn versucht wird, etwas zu greifen, das nicht verfügbar ist. Diese Art Lateralisation (=funktionale Asymmetrie) ist auch in der Gehirnfunktion vorhanden.

Das Neigen des Kopfes stellt eine dieser asymmetrischen Bewegungen bei Hunden dar. Sie wurde erstmalig von ungarischen Forschern gründlicher untersucht.

Sommese und seine Kollegen gingen davon aus, dass das Neigen des Kopfes mit der Verarbeitung sinnvoller, beziehungsweise relevanter Hörreize zusammenhängt.

Für ihre Forschungsreihe rekrutierten sie 40 Hunde: 33 Familienhunde, die mit Spielzeugen zu motivieren waren (typische Hunde) und 7 Hunde, die beim Erlernen von Spielzeug-Namen sehr erfolgreich waren (Gifted Word Learner Dogs = GWL-Hunde).

Beide Hundegruppen wurden zunächst in einem mehrere Monate andauerndem Experiment beobachtet. Das Auftreten (oder Fehlen) der Kopfneigung wurde aufgezeichnet, während die Besitzer die Hunde anforderten eines von zwei Spielzeugen zu bringen. Ebenso wurde auch analysiert ob sich der Kopf nach rechts oder links neigte.

GWL-Hunde neigten sehr oft den Kopf, wenn sie hörten, dass ihr Besitzer sie anwies das entsprechende Spielzeug zu holen, während ,,typische Hunde’’ dies eher selten taten. Interessanterweise waren alle GWL-Hunde Border Collies. Allerdings gehörte auch die Mehrzahl der typischen Hunde, die ein solches Verhalten nicht zeigten, zu dieser Rasse.

Daher beschlossen die Forscher, in den weiteren Experimenten, in denen mehr als zwei Spielzeuge angewendet wurden, ausschlieβlich das Verhalten der GWL-Hunde zu beobachten.

Die zweite Versuchsreihe dauerte 24 Monate und die Forscher stellten dabei fest, dass die Seite, zu der die Hunde ihren Kopf neigten, bei allen Teilnehmern immer dieselbe (konstant) war.

Dadurch wurde ein Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Auswahl des benannten Spielzeuges und der Häufigkeit der Kopfneigung anschaulich gemacht. Je besser die Hunde diese Aufgabe verstanden haben, desto mehr neigten sie den Kopf.

Was auch bedeutet, dass es bei der Neigung des Kopfes wirklich darum geht, relevante und sinnvolle Reize zu verarbeiten. Möglicherweise könnte das Kopfneigen auch mit einer kreuzmodalen Wahrnehmung (z. B. zwischen Namen und visuellem Bild des Spielzeuges) im Gedächtnis der Hunde zusammenhängen.

Wir verstehen die Funktion und die Umstände dieses Verhaltens noch nicht vollständig, diese Studie hat jedoch den ersten Schritt auf dem Weg zu weiteren Erkenntnissen hierzu gemacht.

Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Kopfneigung nur während einer sehr spezifischen Kommunikationssituation zwischen Hund und Besitzer untersucht wurde: wenn der Besitzer den Hund darum bittet, ihm ein gewisses Spielzeug zu bringen.

📌 Wir dürfen demnach nicht denken, dass nur GWL-Hunde den Kopf neigen. In anderen Situationen, welche in dieser Studie nicht untersucht wurden, können die Ergebnisse noch nicht geltend gemacht werden.

Quelle:

Sommese, A., Miklósi, Á., Pogány, Á. et al. 2021. An exploratory analysis of head-tilting in dogs. In: Anim Cogn. https://doi.org/10.1007/s10071-021-01571-8

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2024-10-21T13:01:16+02:00
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