Trauern unsere Hunde?

Was die Forschung dazu sagt

Bei sozialen Arten wie Menschenaffen, Walen, Delfinen, Elefanten und Vögeln werden häufig Trauerreaktionen beobachtet: sie beteiligen sich an verschiedenen Trauerritualen, welche das Berühren und Untersuchen des Kadavers des verstorbenen Artgenossen beinhalten. Dies zeigt eindeutig, dass Tiere, die starke soziale Bindungen aufbauen eine Vorstellung vom Tod haben und dabei auch starke Gefühle erleben.

Wie ist es bei Familienhunden? Wie erleben sie den Verlust ihrer Artgenossen?

Verhaltensreaktionen gegenüber sterbenden/toten Artgenossen wurden bei wilden Kaniden nur selten beobachtet:
Einmal wurden Beweise dafür erbracht, dass wildlebende Wölfe die Kadaver von einem zwei Wochen alten Welpen begruben.
Eine andere Studie beschrieb den Tod eines drei Monate alten Dingo-Welpen und die damit verbundenen Reaktionen der Mutter des Welpen und anderer Wurfgeschwister: Der verstorbene Welpe wurde in den Tagen nach seinem Tod an verschiedene Orte transportiert.

Was Familienhunde betrifft, gibt es eine lange Reihe anekdotischer Berichte von Besitzern über Vierbeiner, die über den Verlust eines Artgenossen trauerten. Es wurden jedoch nur wenige wissenschaftliche Studien veröffentlicht, die trauerähnliche Verhaltensreaktionen bei Haushunden dokumentieren.

Daher war das Ziel einer internationalen Forschungsgruppe, trauerbezogene Reaktionen im Zusammenhang mit dem Verlust des Partnerhundes in der italienischen Haushundepopulation zu identifizieren und in Zahlen zu beschreiben. Zu diesem Zweck verwendeten sie einen zuvor wissenschaftlich validierten Fragebogen (Mourning Dog Questionnaire=MDQ), der darauf ausgelegt ist, Daten bezüglich der Trauerreaktion der überlebenden Hunde und deren Besitzer nach dem Verlust des Zweithundes zu erfassen.

Die Forscher sammelten Berichte von 426 italienischen Hundebesitzern (384 Frauen und 42 Männer).

86% von ihnen berichteten von mehreren statistisch signifikanten Verhaltensveränderungen des überlebenden Hundes nach dem Tod des anderen Hundes, sowohl in Bezug auf Aktivitäten (Spielen, Schlafen und Essen) als auch auf Emotionen (Ängstlichkeit). Das Ausmaß der Verhaltensveränderungen war mit der Qualität der Beziehung zwischen den beiden Tieren stark verbunden. Die Zeitdauer, wie lange die beiden Hunde zusammengelebt hatten, hatte dagegen keine relevante Auswirkung.

Die Dauer der Verhaltensveränderungen und die einzelne Verhaltenszeichen waren sehr unterschiedlich:
32% der Besitzer gaben an, dass die „Trauer” ihrer Hunde 2-6 Monate gedauert hat, während 25% aussagten, dass sie länger als 6 Monate anhielt.
67% gaben an, dass ihr überlebender Hund mehr Aufmerksamkeit suchte, wobei 57% von reduziertem Spielverhalten und 46% von weniger Aktivität berichteten.
35% gaben an, dass ihre Hunde deutlich mehr schliefen und ängstlicher wurden, 32% beobachteten Appetitverlust und in 30% der Fälle hat der überlebende Hund deutlich mehr gebellt und/oder gejault.

Wenn die Beziehung der Hunde als freundlich (im Gegensatz zu agonistisch oder gegenseitiger Toleranz) bewertet wurde, war es signifikant (1,3-mal) wahrscheinlicher, dass der überlebende Hund nach dem Todesereignis weniger spielte und mehr oder weniger fraß.
Eine elterliche Beziehung (definiert als Eltern-Kind-Beziehung) war ein signifikanter prädiktiver Faktor für den Appetitverlust des überlebenden Hundes.

All diese Verhaltensänderungen können auf Trennungsstress nach dem Verlust hindeuten. Das Verständnis dieser Verhaltensmuster kann hilfreich sein, um die emotionalen Bedürfnisse unserer Hunde zu erkennen. Doch selbst wenn wir die Bedeutung dieser Ergebnisse anerkennen, können wir immer noch nicht mit Sicherheit sagen, dass es sich dabei allein um Trauer handelt, dafür ist noch mehr Forschung erforderlich.

Quelle

Uccheddu, S., Ronconi, L., Albertini, M. et al. 2022. Domestic dogs (Canis familiaris) grieve over the loss of a conspecific. In: Sci Rep 12, 1920. https://doi.org/10.1038/s41598-022-05669-y

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